Am 20. September hielt Hans Bertram einen sehr informativen Vortrag über das Bioenergiedorf Oberrosphe und über die Entstehung der Bioenergiedorf Oberrosphe eG.
Hans Bertram und Walter Mengel
Zum Thema Bioenergiedorf Oberrosphe referierte Herr Bertram, Vorstandsmitglied dieser Genossenschaft und einer der Initiatoren, ein pensionierter Forstbeamter.
Neben Mitgliedern der BI Rosenthal und Rosenthaler Bürgern waren auch Bürgermeister Hans Wassmuth, einige Stadtverordnete und die regionale Presse unserer Einladung gefolgt.
Ziel der Veranstaltung war es, die Zuhörer über das Projekt Oberrosphe zu informieren und zu diskutieren, sowie Denkanstöße für eine Energiewende in Rosenthal zu geben.
Herr Bertram führte zu folgenden Punkten aus:
1. Wege zum Bioenergiedorf
Im Jahr 2006 beschloss der Ortsbeirat von Oberrosphe die Umwandlung ihres Dorfes in ein Bioenergiedorf. Engagierte Bürger gründeten Arbeitsgruppen, die sich mit Technik,
Finanzen und Rechtsformen beschäftigten.
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Nach Besichtigungen im Bioenergiedorf Jühnde, in Lieberhausen bei Gummersbach und in Nettersheim/Eifel fiel die Entscheidung für eine Holzhackschnitzelheizungsanlage.
Im Februar 2007 wurde eine Genossenschaft mit 86 Bürgern gegründet.
Ein unabhängiges Ingenieurbüro aus dem bayrischen Moosburg untersuchte mit einer Machbarkeitsstudie die Wirtschaftlichkeit eines Biomasseheizwerks auf der Basis von
Holzhackschnitzeln. Vorteil: Unabhängigkeit von einheimischen Firmen und Ingenieuren, keine Seilschaften möglich!
Drei Mitarbeiter haben im Dorf durch Befragung und Erfassungsbögen Wärmebedarf und Bestand ermittelt.
2. Umsetzung
Im April 2008 war Baubeginn für die Biomasseheizanlage und für die Verlegung eines 7 km langen Nahwärmenetzes. Am 2. Oktober 2008 wurde die Anlage in Betrieb genommen.
Der von Mawera-Viessmann gelieferte Biomasse-Heizkessel hat eine Gesamtleistung von 850 kW. Für Spitzenlasten und als Ausfallsicherheit gehört auch ein Viessmann-Ölkessel
zur Anlage.
Der Brennstoff für die Heizanlage kommt aus der näheren Umgebung. Dazu gehören pro Jahr:
- etwa 2000 Festmeter Waldrestholz
- Baum- und Heckenschnitt
- Straßenbegleitgrün
- Schnittgut aus der Landschaftspflege
Die Anlage kann bis zu 180 Haushalte mit Wärme versorgen. Die Betreuung des Heizwerks erfolgt durch acht ehrenamtlich tätige Rentner, die im wöchentlichen
Wechsel die Anlage kontrollieren. Die Überwachung des Betriebs wird über Internet und Handy geleistet. Der Personalkostenanteil kann dadurch sehr niedrig gehalten werden.
3. Nahwärmenetz
An das Nahwärmenetz sind bis jetzt 125 Haushalte angeschlossen. Jedes Jahr kommen bis zu 5 Haushalte dazu. Alle Abnehmer sind Mitglieder der Genossenschaft.
Sie sind jeweils mit einer Einlage von 6000 € beteiligt, um die Verlegung des Netzes zu finanzieren. Dafür liegen die Kosten für die Wärmeenergie deutlich niedriger als die für Heizöl.
Sie haben sogar fallende Tendenz.
4. Photovoltaikanlage
Diese wurde Ende 2008 in Betrieb genommen. Die Dächer des Heizhauses und der Lagerhalle sind mit PV-Modulen bestückt. Der erzeugte Strom wird in das öffentliche Netz
eingespeist. Weitere PV-Anlagen wurden in den folgenden Jahren auch durch private Investoren installiert.
5. Biogasanlage
Im Frühjahr 2012 haben drei Landwirte eine Biogasanlage in Betrieb genommen. Sie liegt 1,4 km von Oberrosphe entfernt in Richtung Mellnau. Über eine Gasleitung wird die
Verbindung zu einem Blockheizkraftwerk der Genossenschaft hergestellt, dieses befindet sich auch am Standort des Biomasseheizwerks.
Vertraglich geregelt nutzt die Genossenschaft die Abwärme des BHKW für ihr Nahwärmenetz, so dass im Sommer über mehrere Monate der Betrieb der Holzhackschnitzelheizanlage
eingestellt werden kann.
6. Umweltbilanz des Projekts
Die CO2- Emissionen in Oberroshe sind um 50% gesunken. Gleichzeitig spart die Gemeinde 350.000 Liter Heizöl pro Jahr.
Die Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern Gas und Öl ist deutlich zurückgefahren worden.
Außerdem werden regionale Wirtschaftskreisläufe angestoßen und Arbeitsplätze gesichert.
7. Ausblick in die Zukunft
Als weiteres Standbein ist eine Windenergieanlage geplant, allerdings mit einheimischen Investoren.
Ziel des Bioenergiedorfes Oberrosphe ist, in der Energieversorgung völlig autark zu werden.
8. Empfehlungen für den Standort des Rosenthaler Energieprojekts
- Eine Anlage sollte immer an der von der Hauptwindrichtung abgewandten Seite einer Ortslage stehen
- Kalte Luft zieht gegen Abend immer vom Berg hinunter ins Tal und nimmt damit auch mögliche Gerüche mit
- Der Wärmeverlust im Nahwärmenetz beträgt pro km 1 ° Celsius
Für Rosenthal mit seinem Stadtwald sollte die Versorgung eines Holzhackschnitzelheizwerks kein Problem sein. Von den pro Jahr geschlagenen 130.000 Raummetern Holz werden
60% als Stammholz vermarktet, 40% stünden als Waldrestholz für Energiezwecke zur Verfügung.
Herr Bertram empfiehlt für die Zukunft das 150 Jahre alte Raiffeisen-Motto: „Das Geld des Dorfes dem Dorfe“!